Ein sprachlich-akustisches Experiment – Katharina Mevissens Ich kann dich hören

von Oliver Bruskolini

Die Auswertung für Das Debüt 2019 läuft auf Hochtouren und mit Katharina Mevissens Ich kann dich hören erscheint an dieser Stelle die fünfte zugetextet-Rezension für den diesjährigen Bloggerpreis.

Katharina Mevissen, Ich kann dich hören, Roman, Wagenbach, Berlin 2019, ISBN 978-3803133069, gebunden, 168 Seiten, 19,00€.

Mit Ich kann dich hören legt Katharina Mevissen ein mehr als interessantes Debüt vor, dem ein Hauch von Experimentierfreudigkeit anheftet. Dass Sprache einen Klang, eine Melodie hat, liegt auf der Hand. Dass sie demnach auch als akustisches Instrument dienen kann, versteht sich. Spannend ist, dass dies auch über visuelle Reize, nämlich im Leseprozess, gelingt. Noch spannender, wenn sich die Sprache so mit der Akustik auseinandersetzt, dass die Worte den Klang bestimmter Geräusche imaginär hörbar machen, indem sie metaphorisch und vergleichend umschreiben.

Erst würgen und spucken die Duschköpfe, die Leitungen knattern, dann schießt das Wasser heraus, lau, wärmer, heiß. Wir stehen in der dampfenden Mannschaftsdusche und sind nackt und laut wie immer. Wortwechsel knallen kurz und scheppernd durch den gefliesten Duschraum.

Dieses Experiment gelingt der Autorin. In ihrem Debüt erzählt sie vom deutsch-türkischen Musikstudenten und Cellospieler Osman, dessen Leben sich durch das Finden eines Diktiergeräts zweier Schwestern drastisch verändert. Mithilfe dieses Fundes erlernt er nämlich die Fähigkeit des Zuhörens. Ein wesentlicher Bestandteil der Akustik.

Ich kann dich hören überzeugt durch seine sprachliche Melodie, durch eine geschickte Erzählweise und das Streifen zeitgemäßer Diskurse wie Migrations- und Integrationserfahrungen sowie der Selbstfindung des Individuums.

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