KI für Autor*innen zum Ausprobieren
von Dörthe Huth
Hier geht es um die Frage, wie die Künstliche Intelligenz Autor*innen im Schreibprozess unterstützen kann. Welchen Nutzen für Kreativität, Motivation und Effizienz können wir an die KI realistischerweise haben und wo sind ihre Grenzen? Dazu gibt es praktische Beispiele und Tipps.
Von ChatGPT werden die meisten schon einmal gehört haben, daneben gibt es aber auch einige andere Chatbots, beziehungsweise KI-basierte Suchmaschinen, die hilfreich für Autor*innen sein können, wie zum Beispiel Jasper, Claude oder Perplexity.ai. Dabei ist es unwichtig, ob es um Romane, Kurzgeschichten, Gedichte oder Sachtexte geht. Autor*innen können die KI beispielsweise nutzen, um sich durch Vorschläge inspirieren zu lassen, um zu recherchieren, Texte zu strukturieren oder Grammatik und Stil zu prüfen.
Wir empfehlen, unsere How-To-Videos dazu anzuschauen: How-To-Videos KI-Einssatz für Autorinnen und Autoren
Formulierung der Prompts
Manche Ideen kommen in Autor*innen im Alltag auf. Falls nicht, gehen sie gezielt auf die Suche nach Einfällen, indem sie Zeitung lesen, einen interessanten Gedanken verfolgen, sich mit anderen Menschen austauschen oder auf Reisen gehen. Auch die KI kann dabei hilfreich sein. Sie reagiert auf die Eingabe eines Prompts, also auf eine Anfrage des Users. Ein solches Prompt kann dazu genutzt werden, den eigenen kreativen Prozess anzukurbeln, ihn zu optimieren oder auf neue Gedanken zu kommen.
Um neue Ideen für eine Geschichte zu entwickeln, könnte man die KI beispielsweise anweisen:
- Nenne mir drei originelle Ideen für eine Fantasy-Geschichte mit einem ungewöhnlichen Helden und einem verlorenen Schatz.
Oder: - Mach mir drei Vorschläge für einen Kurzkrimi über einen Dieb im Seniorenalter und einen jungen Kommissar.
Stecken Autor*innen im Verlauf ihrer Story an einer bestimmten Stelle fest, könnte eine Anfrage an die KI lauten:
- Gib mir drei Ideen für eine überraschende Wendung in meiner Liebesgeschichte, in der ein junger Mann und eine junge Frau aus verfeindeten Familien zueinander finden.
Oder man könnte fragen: - Wie könnte ein spannender Wendepunkt in meiner Geschichte aussehen, in der zwei verfeindete Charaktere aufeinandertreffen?
Wer mitten im Text feststeckt und gerade nicht weiterkommt, könnte auch einen Absatz aus dem eigenen Text mit Paste-Copy eingeben und beispielsweise die Frage voranstellen:
- Wie könnte dieser Absatz weitergehen?
Oder: - Wie könnte dieser Absatz überraschend für Leser weitergehen?
Die KI könnte auch angewiesen werden, eine Szene aus einer anderen Perspektive zu schreiben:
- Beschreibe die Szene, die ich geschrieben habe, nun aus der Perspektive eines Straßenmusikers, der zufällig alles beobachtet hat.
Je spezifischer die Fragen und Anforderungen an die KI formuliert sind, desto hilfreicher fallen ihre Antworten in der Regel aus. Dazu sollte die KI mit möglichst genauem Kontext gefüttert werden, wie etwa zum Genre, zur Stimmung oder zu bestimmten Charaktereigenschaften. Damit werden die werden die Outputs gezielter und besser auf das eigene Projekt zugeschnitten. Es lohnt sich, mit Formulierungen zu experimentieren und die Outputs zu vergleichen. Die Suchen können anschließend noch konkretisiert und immer weiter verfeinert werden.
Recherche mit Hilfe von KI
Egal, ob Autor*innen wissenschaftliche Informationen, historische Daten oder kulturelle Details benötigen, solche Fakten sind häufig auch für Geschichten und Romane wichtig, denn sie machen sie glaubwürdig und lebendig. Allerdings können diesbezügliche Nachforschungen zeitaufwändig sein und die KI dabei hilfreich. Wer Faktenwissen abrufen möchte, kann Anfragen über Länder, Politik, Klima, Technik, Kultur und viele weitere Gebiete abrufen. Was man früher kleinteilig ergoogeln musste, wird bei KI-basierten Suchmaschinen gebündelt ausgegeben. Das bedeutet Zeitersparnis für Autor*innen. Allerdings müssen diese Fakten auch noch überprüft werden.
Hier sind einige Beispiel-Prompts zur Recherche:
- Historische Fakten: Welche Kleidung trugen Menschen im Mittelalter in Nordeuropa?
- Kulturelle Besonderheiten: Nenne Feste, die in Japan traditionell über das Jahr gefeiert werden. Oder: Welche Besonderheiten bietet die Kultur der Maoris auf Neuseeland?
- Wissenschaftliche Hintergründe: Wie funktioniert ein Quantencomputer? Oder: Welche Umweltbelastungen bringt ein Flug ins All mit sich?
- Literaturrecherche: Nenne zehn international bedeutsame Liebesromane aus dem 18. Jahrhundert. Oder: Nenne 5 zeitgenössische Frauenromane, die sich mit Raumfahrt beschäftigen.
Ausgegeben werden recht präzise Antworten und Details, die wiederum genutzt werden können, um noch spezifischere Anfragen zu stellen. Allerdings kann der Output nicht ohne Überprüfung verwendet werden, denn es gibt keine Garantie dafür, dass alle ausgegebenen Angaben korrekt sind. Die Daten und Fakten können ungenau oder veraltet sein oder Fehler enthalten. Autor*innen sind selbst dafür verantwortlich, die Quellen zu überprüfen und abzusichern, ob die Details korrekt sind.
Charakterentwicklung mit KI
Vielschichtige, glaubwürdige Figuren sind das Herzstück einer guten Geschichte. Die KI kann auf verschiedene Weisen Impulse für glaubwürdige Figuren geben, die Autor*innen nutzen können, um sie originell zu entwickeln und Klischees zu vermeiden. Die KI kann Vorschläge zu Persönlichkeit, Hintergrundgeschichte und Motivation liefern. Man kann mit verschiedenen Varianten experimentieren, und die bestmögliche daraus entwickeln oder die interessantesten Vorschläge miteinander kombinieren.
Hier kommen einige Beispiele für Prompts zur Figurenentwicklung:
- Charakterprofile erstellen: Frag die KI: Erstelle ein Profil für einen Antihelden, der ein dunkles Geheimnis hat.
- Eigenschaften: Gib mir fünf ungewöhnliche Eigenschaften für eine Detektivin in einer dystopischen Welt.
- Konflikte und Beziehungen: Welche Konflikte könnten zwischen einem idealistischen Lehrer und einem rebellischen Schüler aufkommen?
Die KI kann auch bei der Charakterentwicklung als Sparringspartner betrachtet werden. Die Vorschläge können ein Ausgangspunkt sein, um auf eigene Ideen zu kommen oder die ausgegebenen Vorschläge an das eigene Projekt anzupassen. Es liegt an den Autor*innen selbst, den Output weiterzuentwickeln und die Charaktere einzigartig und unverwechselbar zu machen.
Textüberarbeitung mit Hilfe der KI
Auch Romane, Kurzgeschichten oder Essays können mit Hilfe von KI überarbeitet werden. Eine Überarbeitung ist notwendig, um einen Text auf Klarheit, Wirkung und Präzision zu prüfen, letzte Rechtschreibfehler auszufiltern und Wiederholungen zu entfernen. Ein guter Text sollte klar strukturiert, gut lesbar und zielgruppengerecht formuliert sein. Doch im Verlauf eines Schreibprozesses kommt es nicht selten zur „Textblindheit“. Die Schwachstellen fallen den Autor*innen selbst dann gar nicht mehr auf, gerade wenn der Text umfangreich ist und schon viele Male überarbeitet wurde. Das kann die Nerven strapazieren und viel Zeit beanspruchen. Die KI kann dabei hilfreich sein, die Selbstkorrekturschleife effizient zu gestalten, als Assistenz, um den Text zu optimieren und eventuell für das (menschliche) Lektorat vorzubereiten.
Autor*innen könnten die KI beispielsweise folgendermaßen für die Textüberarbeitung nutzen und diese oder ähnliche Prompts eingeben:
- Grammatik- und Stilprüfung: Prüfe diesen Textabschnitt auf Grammatik und Rechtschreibung.
- Redundanzen erkennen: Prüfe den Text auf Redundanzen. Oder: Prüfe den Text auf überflüssige Wörter und Phrasen sowie auf Wiederholungen.
- Stilverbesserung: Mache drei Vorschläge, wie ich diesen Abschnitt kürzer und prägnanter formulieren kann. Oder: Schreibe diesen Satz lebendiger um. Oder: Liefere mir zu diesem Satz eine formellere Alternative.
- Zielgruppengerechte Formulierungen: Der Text richtet sich an Jugendliche. Prüfe, ob der Ausdruck zielgruppengerecht formuliert ist.
Zur Prüfung benötigt die KI den Text. Am besten ist es, diesen abschnittsweise hochzuladen, damit die KI gezielt auf diese Textbereiche eingehen kann. Auch diese Vorschläge müssen von Autor*innen genau überprüft werden, ob sie tatsächlich den Vorgaben der Grammatik und aktuellen Rechtschreibung entsprechen oder ob sie den eigenen Schreibstil eventuell zu stark verändern. Auch hier gilt, dass es sich nur um Vorschläge der KI handelt, die Verantwortung für den kreativen Umgang mit den Ergebnissen und der Authentizität der eigenen Texte liegt bei den Autor*innen.
Grenzen der KI und Ungeklärtes
Natürlich ist die KI begrenzt und liefert keine fertigen Manuskripte. Sie verfügt auch nicht über das Kontextwissen zur Geschichte, wie Autor*innen selbst. Manchmal liefert sie Vorschläge, die technisch korrekt sind, aber dennoch nicht zum eigenen Stil passen oder die zu klischeeträchtig sind. Auch versteht sie nicht immer den Kontext einer Story oder die Tiefe der damit verbundenen Gefühle.
Viele Fragen rund um die Urheberrechte, die Daten und die Qualität der KI-generierten Inhalte sind noch offen und müssen geklärt werden. Auch gehören die Outputs nicht automatisch denen, die diese Prompts geschrieben haben, sondern gehen in den Datenpool ein und können in der Regel von allen Usern genutzt werden.
Geprüft werden muss daher unbedingt, ob eine KI-generierte Idee wirklich originell ist oder ein bereits bestehendes Werk kopiert. KI-Tools sind kein Ersatz für die eigene Kreativität, für eigenes Sprachgefühl oder verlässliche Quellen. Die KI hat ihre Grenzen und die Überprüfung, ob die ausgegebenen Informationen korrekt sind oder eventuell Urheberrechte verletzen, liegen bei denjenigen, die diesen Output verwenden.
Die KI ist Assistenz, kein Ersatz für menschliche Autor*innen oder menschliche Lektor*innen. Die KI kann inspirieren und Denkanstöße geben, doch die kreative Entwicklung und Ausgestaltung und die Auswahl der passenden Elemente bleiben letztlich in menschlicher Verantwortung. Die KI ist daher nur ein Werkzeug für AutorInnen unter vielen anderen. Sie bietet denjenigen tolle Möglichkeiten, die kreativ und verantwortungsvoll damit umgehen.
WICHTIG: Was jedem Autor und jeder Autorin bei der Verwendung von KI klar sein sollte
Alle Informationen, die Autor*innen in die KI eingeben, werden von der KI gespeichert, genutzt und weiterverarbeitet. Sie lernt von allen, die ihre Prompts eingeben. Jeder Textabschnitt, der zur Korrektur eingegeben wurde, jede Plotidee, die zur Weiterentwicklung eingegeben wird, und jeder mithilfe der KI entwickelte Charaktervorschlag wird gespeichert und geht ins Gedächtnis der KI ein. Alles, was in den Datenpool eingegangen ist, kann auch anderen Usern auf Nachfrage wieder ausgegeben werden.
Zum Weiterlesen
Oliver Schütte: Zukunft Schreiben: KI für Autorinnen und Autoren: KI-Tools für Autorinnen und Autoren. Herausgeber: Master School Drehbuch 2023. ISBN: 9783946930099.
Sandra Uschtrin: Schreiben mit ChatGPT für Autorinnen und Autoren: Von der Ideenfindung bis zur Vermarktung. Uschtrin Verlag 2023). ISBN: 9783967461008.
Stephanie Diamond und Jeffrey Allen, : KI-Prompts schreiben für Dummies. Wiley-VCH 2024. ISBN: 9783527722457.