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Die Comics sind gut!

Ventil-Songcomics rezensiert von Dieter Feist

Buskies, Gunther und Jonas Engelmann (Hg.): Keine Macht für Niemand. Ein Ton Steine Scherben Songcomic. Ventil Verlag, Mainz 2022. Hardcover, 128 Seiten; 25,00 €(D);
ISBN 978-3-95575-181-4

Buskies, Gunther und Jonas Engelmann (Hg.): Monarchie und Alltag. Ein Fehlfarben-Songcomic. Ventil Verlag, Mainz 2022. Hardcover, 128 Seiten; 25,00 €(D); ISBN 9783955751715

Cover Monarchie und Alltag Fehlfarben Songcomic
Cover Monarchie und Alltag Fehlfarben Songcomic

Die Comics sind richtig gut. Einige Bände hat der Ventil Verlag schon herausgebracht, Tendenz: noch mehr. Zwei davon liegen vor mir und laden zum Blättern, Lesen und Betrachten ein. Und das sind keine Marvel-Heftchen vom Kiosk: solides Hardcover, aufwendig gestaltet, Bildbandformat. Mehr als zwanzig deutschsprachige Zeichner:innen haben Song-Comics zu den beiden Büchern beigetragen. Keine eigentlichen Graphic Novels; die mehr oder weniger kurzen Strips illustrieren jeweils einen Song der „wichtigsten“, bzw. „prägendsten Alben der deutschen Musikgeschichte“, wie der Verlag verlautbart.

Das bemerkenswerte dabei: fast alle Künstler:innen waren Kinder oder noch gar nicht geboren, als die betreffenden Alben herauskamen: Keine Macht für Niemand von den „Scherben“ erschien 1972, Monarchie und Alltag von Fehlfarben 1980. Im Grunde aber ist das nebensächlich, denn die Absicht der Herausgeber (in entsprechendem Alter wie die anderen) war, dass sich jemand mit einem Song von damals beschäftigt und konstatiert, „ob er für die heutige politische Weltlage noch Relevanz besitzt.“ Diese Fragestellung ist bei den heute Dreißig- bis Fünfzigjährigen womöglich besser aufgehoben als bei den damals Jungen, deren Blick zurück aufs eigene bewegte Leben vielleicht doch von ein bisschen „Weißt-du-noch-damals-am-Bauzaun“-Romantik verklärt ist.

Cover Keine Macht für Niemand Ton Steine Scherben Songcomic
Cover Keine Macht für Niemand Ton Steine Scherben Songcomic

Und, sieh einer an, die politische und gesellschaftskritische Musik von vor fünfzig Jahren ist offenbar inspirierend und lädt tatsächlich zu Interpretationen aus heutiger Sicht ein. Ein Aufreger ist die Gesellschaftskritik aus der verflossenen BRD natürlich längst nicht mehr. Polarisierung ist heute keine Erscheinung irgendwo am linken Rand, sondern ein Phänomen inmitten der Gesellschaft, und wenn von der einstigen Revolte nicht viel mehr übrig ist als Campinos telegener Wuschelkopf, ist zu befürchten, dass auch der restliche musikalische Widerstand von dunnemals allmählich in den öffentlich-rechtlichen Nostalgieprogrammen versickert. Zahnlos zwischen Werbepausen und demnächst am Lagerfeuer.

Gibt es eigentlich in unserer großen Zeit keine musikalische Rebellion mehr oder wird dieses Feld nur noch von rechts beackert?

Aber, wie schon gesagt, die Comics sind gut. Eine unterschätzte Kunstsparte. Ich mag sowas.

Warme Empfehlung.

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