Wie man Dinge zerlegt: Martin Peichl über Liebe, Heimat und das Schreiben

von Oliver Bruskolini

Die Auswertung für Das Debüt 2019 läuft auf Hochtouren und mit Martin Peichls Wie man Dinge repariert erscheint an dieser Stelle die zweite zugetextet-Rezension für den diesjährigen Bloggerpreis.

Martin Peichl, Wie man Dinge repariert, Roman, Edition Atelier, Wien 2019, 1. Auflage, ISBN 978-3-99065-011-0, Hardcover, 153 Seiten, 18,00€.

Irgendwo zwischen Liebe und Heimat muss ein Buch geschrieben werden. So scheint es, dass das erzählende Ich sich eben diesen Fängen, zwischen denen es sich befindet, literarisch zuwendet. Interessanterweise liest sich beides gleich. Als teils romantisierter Bestandteil des Ichs, teils als Sumpf, aus dem es kein Entkommen gibt.

Mitte dreißig, das Alter, in dem Individuen sich normalerweise gefunden haben sollten. Erwachsen sein, das Leben fest im Griff habend. Wie überholt diese Vorstellung ist, zeigt Martin Peichl in Wie man Dinge repariert hervorragend. Zwischen Literatur und Tinder, zwischen eskapistischem Treiben und heimatlichen Wurzeln, zwischen Bindungswunsch und Bindungsangst breitet er eine Liebes- und Lebensgeschichte aus, die eben genau das nicht darstellen soll. Keine Liebe, kein Leben. Eine ziellose Irrfahrt, die trotzdem schon irgendwo hinführen wird. Die, mit etwas Glück, vielleicht rückwirkend einmal aussieht, als wäre sie halbwegs kontrolliert verlaufen.

Es gibt die Spiele und es gibt das Schummeln. Wir schummeln, dass wir noch Zeit haben, dass wir noch einmal von vorne anfangen können, dass wir noch nicht fertig sind miteinander. Die Spiele gibt es und die Regeln, die wir gemeinsam aufstellen, die wir gemeinsam brechen, und die Würfel rollen, das Ergebnis interessiert und weniger als das Geräusch der Würfel auf der Tischplatte, das Geräusch der Würfel, wenn sie auf dem Boden weiterrollen.

Wie man Dinge repariert lebt nicht von einer stringenten Handlung, nicht von einer durchgängigen Erzählweise, sondern von seiner erfrischenden Andersartigkeit. Mit starken Metaphern werden Metaphern im Allgemeinen zerlegt, mit analytischen Beobachtungen die alltäglichen Dinge. Martin Peichl breitet Begriffsfelder wie Heimat, Liebe, Leben, Schreiben vor dem Lesenden aus und zerlegt sie ganz konkret in Einzelteile.

Prägende Merkmale von Peichls Debütroman sind die Montagetechnik und die intertextuellen Bezüge. Der kluge Wortwitz, die Lebensnähe, die Art, die Dinge nüchtern zu betrachten laden zum Lesen ein, der Sprachstil fesselt. Eine klare Empfehlung für jedes Buchregal.

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