Die verblendete Republik (c) Prof. Pousttchi

Digitalisierung: Absturz oder Aufstieg? Eine Rezension des neuen Buchs vom Digitalisierungspapst Prof. Key Pousttchi

Key Pousttchi, Die verblendete Republik – Warum uns keiner die Wahrheit über die Digitalisierung sagt, Potsdam 1. Auflage 2020, ISBN 978-3-947572-76-2, 153 S, gebunden, €20,00

Key Pousttchi ist ein blitzgescheiter Denker, der von dem, was er redet, wirklich etwas versteht. Digitalisierung atmet er regelrecht ein und aus, Tag ein, Tag aus, seit vielen Jahren. Seine Kurzbiographie ist unten aufgeführt. Er hat gegenüber vielen Fachleuten den großen Vorzug, dass er das, von dem er spricht, sehr bildhaft und in sehr verständlicher Sprache vermittelt. Diese Eigenschaft macht es ihm möglich, auch schwierigste Sachverhalte so zu erläutern, dass der Nicht-Experte ihn versteht und der Experte sich darin bestätigt sieht, dass er jemanden vor sich hat, der nicht nur über fundierte, sondern sogar profunde Sachkunde verfügt.

Ich habe selbst 2018 und 2019 eine ganze Serie von Essays zum gleichen Sachverhalt verfasst und dafür sogar einen Essaypreis erhalten, gestehe aber gerne zu, dass der Beitrag zum Thema Digitalisierung, der hier vorgestellt wird, nicht nur substantielle ausfällt; was ihn ganz besonders kennzeichnet und damit so wertvoll macht, ist seine dabei gleichbleibend gute Verständlichkeit, ohne dabei an Präzision in der Wissensvermittlung zu verlieren. Jeder, der sich mit dem Thema „Wie digitalisiere ich richtig“ beschäftigt, sollte sich diesen Band gönnen. Er vermittelt Aspekte, das garantiere ich gerne, die selbst der, der glaubt, er hätte dieses Sachgebiet durchdrungen, als weiterbringend und sehr nützlich bezeichnen wird.

Das liegt zum einen daran, dass die Fragestellung sehr gut und vor allem sehr ehrlich aufgearbeitet wird. Zum anderen wird ein ganzheitlicher Betrachtungsansatz vorgestellt, der sich aus folgenden Seiten eines Dreiecks zusammenfügt:

    • Dimension 1 der Digitalen Transformation: Die Leistungserstellung (S 108ff)
    • Dimension 2 der Digitalen Transformation: Das Leistungsangebot (S 111f)
    • Dimension 3 der Digitalen Transformation: Die Die Kundeninteraktion (S 112f)

Der Autor weist sehr zurecht darauf hin, dass die Grundlage für die Beherrschung und das wirtschaftliche Überleben im Digitalen Zeitalter in der Bildung gelegt wird. Wie schlecht es um sie bestellt ist, zeigt nicht zuletzt die aktuell beschämende Situation im digital-gestützten Unterricht während der Lockdowns der COVID19 Pandemie. Bildung in Deutschland ist von gestern. Und das liegt durchaus nicht in erster Linie an den Lehrern; vielmehr haben die Bundesländer und die Kommunen als Schulträger, der eine fürs Personal, der andere für die „Hardware“ zuständig, das Beispiel eines fast kompletten Versagens abgeliefert.

Prof. Pousttchi erinnert aber noch an etwas anderes, das uns unbemerkt nach und nach fast völlig abhandengekommen ist: die Ingenieurkunst. Sie ist die Grundlage dafür, auch in der Digitalisierung nachhaltige Innovationen, also neue Produkte und Dienstleistungen, zu erfinden und an den Markt zu bringen. Im Abschnitt „Das schafft Wert“ (S. 92ff) beschreibt er, was einen guten Ingenieur ausmacht: Gründlichkeit, Fleiß, Ehrlichkeit. Wer sich die Dieselbetrugskrise, an deren Spitze das Haus VW steht, vor Augen führt, dem wird schnell klar, dass diesen drei Grundvoraussetzungen in jeder Hinsicht gespottet wurde. Eine Schande, was sich deutsche Ingenieure da erlaub haben; und ich bin mit dem Autor einig, dass es für dieses Verhalten keinerlei Entschuldigung gibt.

Hinzu gehören Pflichtbewusstsein und eine gute Ausbildung. Was wir gerne vergessen, ist, dass das die Essenzen des Modells Deutschland sind, der Urgrund dafür, warum trotz aller Schwäche gerade in der Digitalisierung Deutschland so erfolgreich und mit einer so hervorragenden industriellen Wertschöpfung versehen ist. Nur Südkorea und Japan reichen hier an uns heran. Wir sind dabei, auch dieses Kapital zu verspielen, indem fehlgeleitete Bildungsexperten internationalen Vorgaben in Richtung Akademisierung hinterher rennen, dabei übersehend, dass ein deutscher Handwerks- oder Industriemeister besser ausgebildet ist als jeder Bachelor, wenn es darum geht, komplexe Aufgaben in Produktion und Handwerk zu bewältigen.

Der vorliegende Band erinnert, dass der, der entscheidet, erst einmal verstehen sollte, um was es bei seiner Entscheidung geht. Und dass der, der mitreden will, erst einmal wissen sollte, worüber er spricht. Meinung sollte solide und sachlich fundierte Grundlagen haben. Auch das geht nur, wenn Bildung wieder ernst genommen und Erfahrung wieder den Wert erhält, den sie tatsächlich verdient. Ehrlichkeit ist eine Voraussetzung, deren Bedeutung man nicht genug betonen kann. Sie fängt da an, wo man selbst beginnt zu hinterfragen, ob man von dem, von dem man gerade spricht wirklich genug versteht, um substanziell etwas zum Thema beizutragen.

Ich kann diesen Band jedem zum Erwerb anempfehlen. Die Bestellung kann der Interessierte unter www.pousttchi.de vornehmen. Eine Widmung erstellt der Autor auf Wunsch gerne.

Fujitsu SAP E-3 Roundtable am Montag, 24. August 2015 im Airport Club, Frankfurt/Main. Teilnehmer: Michael Schmidt (H.B. Fuller), Stephan Kaiser (Pierre Audoin Consultants, PAC), Prof. Dr. Key Pousttchi (Universität Potsdam), Armin Daubmann (Fujitsu), Pr
Fujitsu SAP E-3 Roundtable am Montag, 24. August 2015 im Airport Club, Frankfurt/Main. Teilnehmer: Michael Schmidt (H.B. Fuller), Stephan Kaiser (Pierre Audoin Consultants, PAC), Prof. Dr. Key Pousttchi (Universität Potsdam), Armin Daubmann (Fujitsu)

Zum Autor:
Key Pousttchi zeichnet sich durch zwei Dinge aus: Er ist ein Vordenker und er spricht Klartext. Ab 1989 Offizier der Panzertruppe, ab 2000 Pionier der deutschen Mobile-Business-Forschung, 2015 erster deutscher Universitätsprofessor für Wirtschaftsinformatik und Digitalisierung. Ein international hochdekorierter Wissenschaftler, der an fünf Universitäten lehrte, sich bereits Anfang der 90er Jahre mit Business Process Reengineering durch IT befasst und Vorträge in 25 Ländern gehalten hat – dies ist sein 15. Buch. Und zum ersten Mal ist es kein Fachbuch, sondern ein Buch für das breites Publikum.

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