„Wortschutt“ von Peter Paul Wiplinger – Eine Rezension
besprochen von Dörthe Huth
Peter Paul Wiplinger: Wortschutt. Löcker Verlag 2025, 104 Seiten, kartoniert, ISBN: 978399098214-3, 22,00 Euro.
Assoziative Gedankengängen und experimenteller Sprachkunst
Der im Jahr 2025 erschienene Band „Wortschutt“ des österreichischen Schriftstellers und Fotografen Peter Paul Wiplinger schafft auf 104 Seiten interessante Verbindungen zwischen assoziativen Gedankengängen und experimenteller Sprachkunst.
Als sogenannte „Schreibvorlagen“ dienten dem Autor beschriftete Kartons, ähnlich den Styroporobjekten seines Buches „Wörterwelten„. Bei den Schreibvorlagen in „Wortschutt“ handelt es sich um recht großformatige und ungefaltete Wein-Kartons in den Maßen 112*76 cm. Diese Karton-Rohlinge hat Wiplinger mit handschriftlichen Texten versehen, indem er sich jeweils auf ein bestimmtes Thema konzentriert und seinen Gedanken freien Lauf gelassen hat.
Während seiner Schaffenszeit hat Wiplinger immer wieder unterschiedliche Verpackungsmaterialien genutzt, um seine Gedanken schriftlich zu fixieren. In „Wortschutt“ folgt auf die jeweilige Abbildung des handschriftlichen Schachteltextes zur besseren Lesbarkeit der Text im gedruckten Schriftbild. Umrahmt werden die Schachteltexte jeweils von einem Gedicht Wiplingers zu Beginn und zum Abschluss des Bandes. Angehängt sind auch weitere Texte, darunter eine Erklärung des Autors selbst zu Titel und Thema des Bandes „Wortschutt“ sowie eine ausführliche Würdigung und Erklärung seiner Werke durch den emeritierten Literaturprofessor, Heinz Kuchner, der bis 2021 an der Universität Klagenfurt gelehrt hat. Einen besonderen Akzent setzt das von beiden Autoren gemeinsam verfasste Gedicht „Zerfransung“, das den Band schließt.
Intensive Auseinandersetzung durch assoziative Sprachkunst
Inhaltlich geht es in „Wortschutt“ um die Macht und Wirkung von Wörtern, wie begriffliche Konstruktionen die Wahrnehmung formen und Realität erschaffen. Wiplinger beleuchtet die Allgegenwart von Sprache und beschreibt eindrücklich, wie er bereits morgens von einem regelrechten „Wörterüberfall“ erfasst wird, der in ihm einen sprachlichen „Schutt“ hinterlässt. Er thematisiert dabei sowohl die Fülle als auch die Überforderung durch Sprache, eine Mischung aus alten Begriffen, Erinnerungen, Liedzeilen und fragmentarischen Sätzen, die ungeordnet ins Bewusstsein dringen und ein faszinierendes Sprachchaos erzeugen. Thematische Schwerpunkte bilden unter anderem Vergänglichkeit, Orte, Heimat, Liebe, Wirklichkeit und immer wieder die Sprache in unterschiedlichsten Facetten.
Wiplinger nähert sich den Themen auf ungewohnt assoziative Weise. Ungewohnt deshalb, weil es nicht üblich ist, den Gedanken in der Schriftsprache freien Lauf zu lassen, also teilweise unzusammenhängend und unsystematisch. Mal bleiben Gedankengänge ohne Punkt und Komma, mal brechen Sätze mitten in ihrem Verlauf ab oder werden dann doch wieder überraschend zu Beginn eines nächsten Absatzes weitergeführt.
Peter Paul Wiplinger und der Löcker Verlag
Erschienen sind die bisherigen Schachteltexte, zu denen auch das Buch „Wörterwelten“ sowie Wiplingers aktuelles Werk „Wortschutt“ gehören, im Löcker Verlag. Der etablierte österreichische Verlag hat seinen Sitz in Wien. Die Verlagsschwerpunkte liegen vor allem auf geisteswissenschaftlichen Werken, jüdischer Kultur sowie Geschichte und Kultur Österreichs. Das Familienunternehmen unter der Geschäftsleitung von Michaela und Erhard Löcker ist Teil einer GmbH und gibt nach eigenen Angaben jährlich etwa 35 Titel pro Jahr heraus.
Auch Wiplinger lebt in Wien. Dort studierte er Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie. Tätig war er unter anderem als künstlerischer Fotograf, Werbetexter und Leiter einer Kunstgalerie. Mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, ist er unter anderem Mitglied im österreichischen P.E.N. Sein Gesamtwerk soll um die 50 Bände umfassen, von denen viele auch in anderen Sprachen erschienen sind, darunter Gedichtbände, autobiografische Erzählungen und Kunstbücher.
Fazit: Fans von Wiplinger kommen auf ihre Kosten und Leser*innen, die bereit sind, den assoziativen Gedankengängen zu folgen, können sich von unkonventioneller Sprache und poetischen Nuoncen inspirieren lassen.