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Deutsche Geschichte als Roman

Rezension von Anke Blacha

Jörn Sack, Schalksknecht*, Roman, edition bodoni, Buskow bei Neuruppin 2020,  ISBN ‎978-3947913138, gebunden, 600 Seiten, € 29,00 (D) 

Der knapp 600 Seiten umfassende Roman „Schalksknecht“ von Jörn Sack nimmt die Lesenden mit auf eine Zeitreise durch Deutschland bzw. auf die jeweiligen historischen Gebiete Deutschlands von Mitte des 19. Jahrhunderts bis Anfang die 2000er – mit einem längeren Aufenthalt von 1900 bis 1945. Im Fokus der Geschichte stehen dabei Paul Prodek, seine Frau Charlotte und seine Vorfahren sowie nachfolgenden Generationen.
Jörn Sack beginnt seinen Roman mit dem gewaltsamen Ende der beiden Hauptfiguren – die Geschichte von Paul Prodek und seiner Frau Charlotte findet1945 in der Nähe von Luckenwalde ihren Abschluss. In Zeitsprüngen durch die Jahrzehnte in die Vergangenheit und Zukunft konstruiert der Autor nach und nach ein Bild der Familiengeschichte der Podreks/Prodeks, wobei Paul und Charlotte sowie ihre drei Töchter den Kern des Romans ausmachen. Eingebettet ist der persönliche Werdegang Pauls in die größten Umbruchphasen und Kriegs-/Krisenjahre Deutschlands und Europas – der Erste Weltkrieg und die NS-Zeit sind die Zeitachse, entlang der sich entscheidende Momente in seinem Leben abspielen.

Die schriftstellerische Herausforderung besteht darin, vielfach Erzähltes und Bekanntes neu mit Leben zu füllen und einen Unterschied zu machen. Den Krisen der Zeit und seiner Protagonist*innen gibt Jörn Sack daher einen zusätzlichen gestalterischen Rahmen. Immer wieder unterbricht der Autor die Erzählung mit Einschüben zu gegenwärtigen Ereignissen. Dadurch stockt der Lesefluss, wird aufgebrochen und die Leser*innen müssen den Anschluss zunächst wieder finden. Neben dem Erzählstrang lenkt der Autor mit grafischen Strukturen den Fokus der Lesenden auf ihm wichtige Aspekte im Laufe der Geschichte. Dazu gehören Betonungen im Fließtext genauso wie Akzentsetzungen in Überschriften und mit farblicher Gestaltung.

Warum ich das Buch kaufen würde: Als studierte Historikerin und Soziologin ist der Roman aufgrund der zeitlichen Vorortung und des intensiven Blicks auf die gesellschaftspolitischen Ereignisse und Entwicklungen interessant für mich – dabei bieten der Fokus auf das Alltagsleben und die Rollen, die einzelne Personen in den vorgegebenen Strukturen einnehmen oder in Frage stellen, einen besonderen Perspektivwechsel.
Warum ich das Buch nicht kaufen würde: Grundsätzlich finde ich Romane, die nicht nur inhaltlich, sondern auch grafisch gut gestaltet sind, großartig – dazu zählt beispielsweise „Die Karte meiner Träume“ von Reif Larsen – oder die einen Mix der Stile wagen und das gekonnt schaffen, wie „Kein Freund außer den Bergen“ von Behrouz Boochani. Leider ist die Umsetzung meines Erachtens hier nicht gelungen. Das Layout erinnert mich eher an die ersten Webseiten in den 1990ern. Auch die lyrischen Elemente und Einschübe in den Text schmälern die Qualität des Romans eher, als dass diese einen Mehrwert schaffen.

Kaufen oder nicht: Der Roman hat definitiv seine Stärken und rückt immer wieder überraschend Protagonist*innen in den Vordergrund, die der Hauptfigur die Show stehlen. Für mich gibt es jedoch Autor*innen, die das Spiel mit unterschiedlichen Stilen und Strukturen besser beherrschen und so bekannte Sachverhalte neu erzählen.

* zum Titel: https://de.wikipedia.org/wiki/Schalksknecht

 

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