Von der Kunst des Prosaschreibens – Manuskriptnorm und Verlagsanschreiben
Letzte kluge Hinweise von Mara Laue
Jeder Verlag setzt voraus, dass die Autorinnen/Autoren, die sich bei ihm um eine Veröffentlichung bewerben, ihr Handwerk beherrschen. Die Kenntnis der gängigen Normen für die Manuskriptgestaltung gehört zwingend dazu. Ignoriert man die, outen man sich erstens sofort als Neuling und läuft zweitens Gefahr, dass das eingereichte Manuskript gar nicht erst (an)gelesen wird. Der Grund: Alle erforderlichen Änderungen, um ein Manuskript „auf Norm“ zu trimmen, müssten vom Verlag per Hand vorgenommen werden, eine Arbeit, die unter Umständen viel Zeit in Anspruch nimmt. Realitäts-Check: Warum sollte ein Verlag sich diese Arbeit machen, wenn er andere Manuskripte hat, die von vorn herein professionell formatiert sind? Deshalb ist wichtig, die folgenden Dinge zu beachten.
1. Manuskriptgestaltung
A. Kapitelwechsel
Neue Kapitel werden in der Regel dann begonnen, wenn
- eine Handlung oder eine Reihe von miteinander verknüpften Handlungen zu Ende ist und eine neue beginnt.
- bei einer nach Handlungszeit gestalteten Kapiteleinteilung (ein Kapitel pro Stunde oder Tag) ein neuer Zeitabschnitt (Stunde oder Tag) beginnt.
- man einen Cliffhanger einfügen, bei dem man zu einem völlig anderen Schauplatz, einer anderen Person und/oder einer anderen Zeit (Vergangenheit) wechselt, bevor man die „hängende“ Handlung fortsetzt.
- wir den Lesenden nach einem Knalleffekt eine Pause gönnen wollen. (An solchen Stellen einen optischen Schnitt in Form eines Kapitelwechsels zu machen, wirkt auf die Lesenden spannungssteigernd oder verschafft ihnen eine psychologische Atempause von der vorherigen Spannung.)
- Ferner sollten wir längere Texte durch Kapitel unterbrechen, damit ein einziges Kapitel sich nicht über das halbe Buch erstreckt. Ausnahme: eine Kapiteleinteilung nach Tagen (oder Stunden). Dies kommt gerade beim Kriminalroman oft vor, wenn ein Kapitel einen ganzen Ermittlungstag umfasst oder die Lesenden die Situation in „Echtzeit“ erleben sollen (dann beginnt mit jeder neuen Stunde auch ein neues Kapitel).
Was wir NICHT tun sollten, ist, jede Szene als eigenes Kapitel zu stellen. Denn dann haben wir am Ende ein nicht nur optisch „aufgeblähtes“ Buch (weil bei jedem Kapitelwechsel später im Buch oft auch ein Seitenwechsel erfolgt und am Ende jedes Kapitels der Rest der Seite und evt. auch die Folgeseite leer bleibt, wenn die eine gerade Seitenzahl hat). Je nach Länge des Romans haben wir dadurch unter Umständen ein Werk mit hundert oder mehr Kapiteln. Stellen die Lesenden dann fest, dass ein Kapitel nahtlos in derselben Szene an das vorherige anknüpft und obendrein vielleicht nur eine Seite lang ist, sind sie irritiert, weil sie es aus anderen Büchern anders kennen. Im schlimmsten Fall fühlen sie sich abgezockt, weil sie glauben, dass Verlag oder Autorin/Autor oder beide durch diese „Aufblähung“ des Buches den Kaufpreis in die Höhe treiben wollten, denn ein fünfhundertseitiges Buch ist natürlich teurer als eins mit nur vierhundert Seiten. Dass die Leute dann von denselben Autorinnen/Autoren kein zweites Buch kaufen, kann man sich denken.
B. Kapitelüberschriften
In der modernen Literatur werden Kapitel nur noch durchnummeriert: 1 – 2 – 3 usw. Oder als Ordnungszahlen: 1. – 2. – 3. Manche Autorinnen/Autoren schreiben noch „1. Kapitel“ oder „Kapitel 1“ dazu, was allerdings überflüssig ist, weil man Szenen nicht nummeriert und eine (in der Regel im Buch fettgedruckte große) Zahl zu Beginn einer neuen Seite oder nach einem größeren Abschnitt anzeigt, dass hier ein neues/das soundsovielte nächste Kapitel beginnt. Manche Verlage verlangen auch, dass die Kapitelüberschriften im Manuskript nicht formatiert sind und genauso groß, „unfett“ und linksbündig wie der gesamte Rest des Textes sein sollen.
Nicht mehr üblich ist, den einzelnen Kapiteln eigene Titel zu geben. Das ist der Kinder- und Jugendliteratur vorbehalten bzw. der High Fantasy, wenn sie nach klassischem Stil geschrieben ist (à la Tolkiens „Herr der Ringe“). Ausnahmen vom Üblichen gibt es natürlich. Wenn wir unseren Kapiteln Überschriften geben, müssen wir darauf achten, dass wir wie bei der Wahl des Titels zu unserem Buch/unserer Geschichte mit der Überschrift nicht zu viel vom Inhalt des Kapitels verraten und dass die Überschrift zum Inhalt des Kapitels passt. Nennen wir es z. B. „Der Goldschatz“, aber im Kapitel kommt gar kein Schatz vor oder er wird nur am Rande beiläufig erwähnt, haben wir „das Thema verfehlt“.
C. „Bücher“ im Buch
Bei großen Handlungseinschnitten in einem längeren Roman wird der Text manchmal nicht nur in Kapitel unterteilt, sondern auch in getrennte Teile, von denen unter Umständen jeder Teil ein in sich abgeschlossenes „Buch“ eines Mehrteilers sein könnte. Diese „Bücher im Buch“ werden in der Regel mit „Teil 1“ (seltener „Buch 1“) usw. überschrieben. Diese Überschrift (zu der manchmal, aber nicht immer tatsächlich ein eigener „Buchtitel“ gehört), stehen im gedruckten Buch immer allein auf einer eigenen Seite (mit ungerader Seitenzahl). Die folgende Seite (mit gerader Zahl) bleibt leer. Bei Fantasyromanen enthält die „Rückseite“ manchmal eine Landkarte. Alternativ zu „Teil 1“ kann jedes Buch ohne Nennung des „Teils“ einen eigenen Titel haben. Bestes Beispiel ist wieder „Der Herr der Ringe“. Teil 1 heißt „Die Gemeinschaft (des Rings)“, Teil 2 „Die zwei Türme“ und Teil 3 „Die Rückkehr des Königs“.
Im Manuskript, das, wenn es ausgedruckt wird, nur einseitig bedruckt ist und alle unnummerierten Rückseiten frei hat, entfällt die freie Rückseite von „Teil 1“. Formatieren wir aber fürs Selfpublishing den Drucksatz für das Buch komplett selbst, ist diese Leerseite/Landkartenseite erforderlich. Allerdings gibt es auch moderne Werke, die auf die klassische Leerseite verzichten.
Wenn wir unseren Roman so unterteilen wollen, sollten wir überlegen, ob es nicht von vorn herein sinnvoller ist, einen Mehrteiler in getrennten Romanen zu schreiben. Doch das entscheidet am Ende der Verlag.
Wenn wir dieses Stilmittels mehrerer Buchteile benutzen, beginnen wir einen neuen Teil immer dann, wenn der folgende Buchteil entweder zeitlich lange nach dem vorangegangenen spielt (einen Monat, ein Jahr, mehrere Jahre, eine ganze Generation, ein Jahrhundert usw.) oder durchgehend eine gänzlich andere Perspektive einnimmt als der vorherige. Beispiel: Teil 1 berichtet aus der Perspektive der Hauptfigur, Teil 2 ausschließlich aus der einer gegnerischen Person und Teil 3 abwechselnd von beiden, um auf den Showdown hinzuführen.
Wichtiger Hinweis:
Haben wir ein solches „Mammutwerk“ verfasst, teilen wir den Verlagen, denen wir es anbieten, gleich im Anschreiben mit, dass sich das Manuskript „problemlos“ auch in zwei (drei oder mehr) Einzelbände aufteilen lässt. Viele Verlage scheuen sich, dicke Wälzer herauszugeben, besonders wenn ihre Autorinnen/Autoren sich noch keinen Namen gemacht haben.
D. Szenenwechsel
Wir schieben Szenenwechsel immer ein, wenn
- der Schauplatz wechselt.
- die Perspektive wechselt (sofern wir nicht die schwebende Perspektive verwenden).
- zwischen der vorherigen und der folgenden Szene längere Zeit (ab ca. einer halben Stunde und länger) vergangen ist, in der die Lücke nicht „gefüllt“ wird (z. B. durch die Schilderung der Gedanken einer Person, während sie im Auto von A nach B fährt).
- ein Handlungsstrang wechselt.
- wir einen Cliffhanger einschieben, der nicht mit einem Zeitwechsel einhergeht und deshalb kein neues Kapitel erfordert.
Die Entscheidung, ob wir ein neues Kapitel oder „nur“ eine neue Szene beginnen, hängt von der Handlung des Romans/der Story ab. Optisch erhält jede neue Szene eine Leerzeile, in der folgenden Zeile ein Trennsymbol (meistens ein Asterisk: *) und danach noch eine Leerzeile. Aber auch das entscheidet am Ende der Verlag.
E. Kapitel-/Szenenlänge
Grundsätzlich gilt, dass wir bei Jugendliteratur, die für unter Vierzehnjährige gedacht ist, kurze Szenen und kürzere Kapitel verwenden (sollten) als bei Erwachsenenliteratur. Doch auch hier gibt es Ausnahmen (z. B. „Harry Potter“). Ansonsten haben wir in der Gestaltung der Länge freie Hand. Ein einziges Kapitel sollte nur nicht zu lang werden. Ein Richtwert sind 20-30 Normseiten. Wenn wir ein Kapitel aber in mehrere Szenen unterteilen, darf es auch ruhig länger werden. Nur zu kurz sollten einzelne Szenen/Kapitel nicht sein, weil dann der Roman optisch „zerrissen“ wird und sich schwer(er) lesen lässt.
F. Zeilenwechsel/Absatzwechsel
- Bis auf wenige Ausnahmen stehen in Dialogen alle Sätze, die zur wörtlichen Rede derselben Person gehören, im selben Absatz, auch wenn sie von „Unterfütterungen“ wie „sagte er“ oder dem Einschub einer Tätigkeitsbeschreibung – „Er schenkte sich Tee nach.“ – unterbrochen werden (sofern diese Beschreibung nicht mehrere Minuten dauert und in einem eigenen Absatz beschrieben wird/werden muss). Erst wenn die Rede zu Ende ist und/oder jemand anderes etwas sagt, beginnen wir eine neue Zeile.
- Ferner beginnen wir eine neue Zeile und damit einen neuen Absatz nach jeder ca. 12. bis 15. Zeile, weil sonst die Absätze unter Umständen zu lang werden (15 Zeilen sind in den meisten gedruckten Büchern eine halbe Seite). Doch dies ist ein Richtwert und nicht in Stein gemeißelt.
- Bei inhaltlichem Wechsel zu einem anderen Thema sollten wir ebenfalls eine neue Zeile beginnen. Beispiel: In einem Absatz beschreiben wir die Gedanken einer Person. Am Ende dieser Gedanken beginnen wir eine neue Zeile = einen neuen Absatz (ohne vorherige Leerzeile), weil die nachfolgende Tätigkeit, das nachfolgende Ereignis nichts mehr oder nicht mehr direkt mit den Gedanken der Person zu tun hat.
- Wenn wir von „innen“ nach „außen“ wechseln oder umgekehrt, ist ebenfalls ein neuer Zeilenbeginn erforderlich. Das heißt, wenn eine Figur über etwas nachdenkt („innen“), steht das in einem Absatz. Konzentriert sie sich (= beschreiben wir) anschließend (wieder) auf eine Tätigkeit, z. B. Kaffeekochen („außen“), ohne dabei die Gedanke fortzusetzen, beginnen wir zu dem Zweck einen neuen Absatz. Oder wir „rahmen“ das Innere mit dem Äußeren ein oder umgekehrt: Die Figur kocht Kaffee, setzt Wasser auf, schaufelt den Kaffee in den Filter („außen“) – neuer Absatz, in dem sie über etwas Wichtiges nachdenkt („innen“), während der Kaffee in der Maschine durchläuft – neuer Absatz, in dem nach dem Nachdenken der Kaffee fertig ist und getrunken wird („außen“).
- Der Wechsel der Perspektive innerhalb der schwebenden Perspektive erfordert zwingend den Beginn eines neuen Absatzes für jede neue Perspektive bzw. die Rückkehr zu einer vorher schon einmal gebrauchten Perspektive. Hierbei ist zusätzlich darauf zu achten, dass die „Innehabenden“ der neuen Perspektive schon im ersten Satz des betreffenden Absatzes für die Lesenden kenntlich gemacht (namentlich genannt) werden.
Ansonsten haben wir auch hier die freie Wahl, wie wir einen Text optisch gestalten wollen.
G. INHALTSVERZEICHNIS
Manche Autorinnen/Autoren geben ihren Kapiteln Überschriften, die in einem Inhaltsverzeichnis zusammengefasst werden. Ein solches Inhaltsverzeichnis stand früher oft am Ende des Buches, heute stellt man es an den Anfang, weil die Kapitelüberschriften ebenfalls „appetitanregend“ wirken sollen. Schreiben wir ein Sachbuch, ist es wichtig, dass das Inhaltsverzeichnis nicht nur am Anfang steht, sondern vollständig alle Kapitel, Unterkapitel und Sub-Unterkapitel akribisch auflistet und diese auch als solche gekennzeichnet werden, z. B. durch Einrückung:
1. XYY
1.1 ZAA
1.1.1 BCC
NIEMALS dürfen wir einen Teil des Verzeichnisses ausschließlich mitten zwischen den Text packen. Als zusätzliche Orientierung für den betreffenden Abschnitt dürfen wir es dort wiederholen und dem Kapitel voranstellen, aber im Hauptinhaltsverzeichnis am Anfang darf es nicht fehlen.
Im Manuskript schreiben wir im Inhaltsverzeichnis keine Seitenzahlen, denn die ändern sich später beim gedruckten Buch. Der Verlag fügt sie beim Setzen der Druckdatei selbst ein.
Wichtiger Hinweis:
Reichen wir dem Verlag nur einen Probetext ein, der mit dem ersten Satz von Kapitel 1 beginnt, stellen wir dem das Inhaltsverzeichnis nicht voran, sondern können es (müssen aber nicht) als Gliederung ans Exposé anhängen unter der Überschrift „Kapitelübersicht“ oder tatsächlich „Inhaltsverzeichnis“. Falls wir ein Personenregister mitliefern, platzieren wir das Verzeichnis vor dem Personenregister. Ist es sehr lang und umfasst ca. eine Seite (so lang sollte ein Inhaltsverzeichnis bei belletristischen Werken nie sein), fügen wir es ganz am Ende ein. Bei Sachbüchern liefern wir es immer als erste Seiten der Textprobe mit.
H. VERLAGSVORGABEN
Wenn man das Manuskript eigenständig (ohne Agentur) einem Verlag einreichen will, sollte man sich auf dessen Website unter „Für Autorinnen/Autoren“ oder „Manuskripteinreichung“ im Vorfeld erkundigen, was, wie und in welchem Umfang der Verlag eine Einreichung wünscht. Diese Vorgaben MÜSSEN akribisch eingehalten werden! Tun wir das nicht, wirken wir rücksichtslos, gleichgültig oder sogar schlampig, denn der Verlag macht diese Vorgaben, weil er mit von ihm wie gewünscht formatierten und eingereichten Manuskripten besser arbeiten kann, als wenn er jedes erst nach seinen Bedürfnissen umformatieren muss.
Verlangt ein Verlag – was häufig vorkommt – „keine/ohne (zusätzliche/n) Formatierungen“, dann nehmen wir das wörtlich. Damit ist gemeint, dass wir alles in derselben Schriftgröße und linksbündig im Flattersatz schreiben. Auch die Kapitelüberschriften sind weder fett, noch in größerer Schrift, noch in Großbuchstaben formatiert, sondern unterscheiden sich allenfalls durch eine nachgeschaltete Leerzeilen (und einen manuellen Seitenwechsel vor der Überschrift) vom Rest des Textes.
Der Grund: Jede Formatierung, die wir vornehmen, muss der Verlag per Hand rückgängig machen/löschen, falls er sie nicht später übernehmen will (z. B. mittig gesetzte Überschriften).
Einzige Ausnahme: Kursivformatierungen einzelner Wörter, die betont werden sollen/müssen. Die werden meistens auch vom Verlag beibehalten.
Was nahezu alle Verlage „verbieten“ ist die Zeilennummerierung. Man kann den Text so gestalten, dass das Programm vor jede Zeile deren Nummer schreibt, um anzuzeigen, die wievielte Zeile des Textes man liest. Das ist jedoch unnötig, denn die Zeilennummern spielen in belletristischen Manuskripten keine Rolle. Sie nehmen Platz weg, und der Verlag muss sie am Ende sowieso wieder löschen. Verzichten wir also von vorn herein auf die Zeilennummerierung.
2. Die Normseite
Die Normseite ist die „Währung“, in der der Umfang jedes Textes gemessen wird. Viele Verlage verlangen immer noch grundsätzlich, dass die bei ihnen eingereichten Manuskripte nach Normseiten formatiert sind. Wer sich nicht daran hält, outet sich unverzüglich als Neuling oder rücksichtslos und im schlimmsten Fall stur, und das Manuskript wird höchstwahrscheinlich ungelesen zurückgeschickt. Unfair? Nein, denn Schreiben ist ein Handwerk, das bestimmte Regeln hat. Wer seine Werke in einem Verlag veröffentlichen will, muss diese Regeln ebenso beherrschen, wie jeder Fachmensch eines beliebigen Berufs sein Metier kennen muss.
Die Normseite besteht aus nicht mehr als 30 Zeilen (Leerzeilen zählen mit!), von denen jede nicht mehr als 60 Anschläge hat; das sind die Buchstaben, Zahlen und sonstigen Zeichen einschließlich der Leerschritte dazwischen. Der Zeilenabstand beträgt immer 1,5 Zeilen. Außerdem ist die Normseite im Gegensatz zum später gedruckten Werk immer linksbündig geschrieben im sogenannten „Flattersatz“, das heißt mit „ausgefranstem“ rechten Rand.
Daraus folgt, dass jede Normseite zwar niemals mehr als 1800 Anschläge hat; da aber nicht jede Zeile vollständig von der ersten bis zur letzten Spalte vollgeschrieben ist, umfasst sie im Durchschnitt nur 1200 bis 1600 Anschläge. Deshalb hat die VG Wort (Verwertungsgesellschaft der Rechte Literaturschaffender) die Normseite mit 1500 Anschlägen definiert. Für den Verlag ist jedoch nur die Gesamtanschlagszahl relevant. Deshalb wird sie bereits im Exposé genannt und auch im Hauptmanuskript nach dem Titel erwähnt.
Ebenfalls im Gegensatz zum gedruckten Werk wird niemals Silbentrennung verwendet. Und selbstverständlich ist eine einem Verlag eingereichte Geschichte oder ein Roman immer mit dem PC geschrieben. Handschriftliche oder mit der guten alten Schreibmaschine getippte Manuskripte werden nicht angenommen.
In der Kopfzeile der Normseite steht links der Titel des Werkes (in kleinerer Schriftgröße als der Text) und rechts die Seitenzahl. In die Fußzeile schreiben wir unseren Namen, Adresse und Telefonnummer sowie E-Mail-Adresse (ebenfalls in kleinerer Schrift). Wir können beides auch in zwei Zeilen in der Kopfzeile schreiben, den Titel in die erste, die Kontaktdaten in die zweite Zeile. Oder wir schreiben die Kontaktdaten in die Kopfzeile und den Titel Ihres Manuskriptes in die Fußzeile. Hauptsache, beides ist auf jedem Blatt vermerkt.
Wichtig: Die Adressdaten werden NICHT wie beim Brief(kopf) in 3-4 Zeilen geschrieben, sondern in einer einzigen oder maximal zweien, wenn die Adresse oder der eigene Name oder die Mailadresse sehr lang ist.
Die verwendete Schrift ist Times New Roman in Schriftgröße 13 pt (weil sie sehr klein ist) oder Courier New in Schriftgröße 12 pt, weil bei diesen Schriften alle Buchstaben den gleichen Raum einnehmen, unabhängig davon, ob wie ein „breites“ W oder ein schmales I schreiben. Nur so ist gewährleistet, dass die Vorgabe der maximal 60 Zeichen pro Zeile eingehalten werden kann.
Der ursprüngliche zweite Zweck der Normseite (neben ihrer Funktion als Berechnungsgrundlage) war, dass vor dem Zeitalter von Computern und (nur noch) als Dateien existierenden Manuskripten diese den Verlagen ausschließlich in Papierform eingereicht wurde. Die Lektorierenden nutzten die breiten Seitenränder und vor allem auch den größeren Zeilenzwischenraum, um darin Korrekturen oder Notizen zu schreiben. Durch die Kommentarfunktion und den einschaltbaren Änderungsmodus der Textverarbeitungsprogramme ist das überflüssig geworden. Aber mit der Normseite liegen wir grundsätzlich immer richtig.
Normseitenvorlagen gibt es im Internet zum Herunterladen.
Natürlich reißt einem niemand den Kopf ab oder lehnt ein Manuskript ab, nur weil es auf der einen oder anderen Seite einmal eine Zeile länger oder kürzer ist. Am Ende zählt ohnehin der Gesamtumfang. Den ermitteln wir, indem wir den gesamten Text markieren (einschließlich des Titels, aber ohne den Text auf einem etwaigen Deckblatt), ins Menü „Extras“ (oder „Überprüfen“) gehen und dort „Wörter zählen“ anklicken. In weniger als einer Sekunde gibt uns das Textprogramm detailliert Auskunft über die Anzahl der Anschläge (mit Leerschritten), der Zeichen (ohne Leerschritte), der Wörter, der Absätze, der Zeilen und der Seiten.
Die so ermittelte Anschlagzahl (und nur diese!) nennen wir bereits in unserem Anschreiben an den Verlag, stellen wir aber spätestens dem Exposé voran, denn die Lektorierenden müssen sich ein Bild vom Umfang machen können. Viele Verlage veröffentlichen grundsätzlich keine Romane (mehr), die länger als 450.000 bis 500.000 Anschläge sind. Es sei denn, es handelt sich um das neueste Werk bereits bekannter Bestsellerschreibenden.
Bei Kurzgeschichten, die man zu Literaturwettbewerben einreicht, ist die Anschlagzahl von vornherein begrenzt. Wir müssen uns strikt an diese Vorgabe halten, andernfalls unsere Geschichte disqualifiziert wird. Heißt es in der Ausschreibung „maximal 5 Normseiten“, so wären das theoretisch 7500 Anschläge (5 x 1500 Anschläge). Diese Vorgabe bedeutet aber, dass die Leute nicht mehr als fünf als Normseiten formatierte Seiten haben wollen. Hat unsere Geschichte zwar nur 5580 Anschläge, die sich jedoch aufgrund ihrer Struktur auf sechs oder sieben Seiten verteilen, so ist das zu viel und die Geschichte würde in den meisten Fällen wegen Überlänge abgelehnt. Heißt es dagegen in der Ausschreibung nur „7500 Anschläge“, so ist egal, auf wie viele Seiten sich diese verteilen.
Wie wir ein Manuskript für uns selbst zu Hause am PC verfassen, bleibt unserer Vorliebe überlassen. Lediglich das Schriftstück, das wir einem Verlag ausgedruckt oder als Datei einreichen, muss der Norm entsprechen, wenn es eine reelle Chance haben soll.
Die Normseite hat also:
- maximal 30 Zeilen mit je 60 Anschlägen
- einen Zeilenabstand von 1,5 Zeilen
- linksbündige Ausrichtung („Flattersatz“)
- keine Silbentrennung
- den Titel des Werkes und die Seitenzahl in der Kopfzeile (oder Fußzeile)
- unseren Namen, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse in der Fußzeile (oder in der Kopfzeile, eventuell unter dem Titel)
Noch ein paar Anmerkungen zur Gestaltung eines Textes.
- Wir sollten Absätze nicht zu lang schreiben. Zwar müssen wir nicht unbedingt nachzählen, aber in der Regel sollte ein Absatz nicht länger als zwölf bis fünfzehn Zeilen sein.
- Vor jedem neuen Kapitel schalten wir drei bis vier Leerzeilen oder beginnen eine neue Seite (Taste „Steuerung“ [Strg] festhalten und Entertaste = Eingabetaste drücken, kreiert in Word einen manuellen Seitenwechsel).
- Wir schreiben die Kapitelüberschriften fett, aber nicht zu groß (Schriftgröße 12 bis 16 ist je nach verwendeter Schrift angemessen). Manche Verlage wünschen allerdings keine Formatierung.
- Wir verzichten auf Silbentrennung, ganz besonders beim Ausdruck für den Verlag.
3. Die Manuskriptnorm
Im Mutterland aller Bürokratie (Deutschland) gibt es auch eine Norm dafür, wie ein Manuskript auszusehen hat und eingereicht werden muss. Die meisten Verlage fordern das Manuskript heutzutage als Textdatei im E-Mail-Anhang an oder auf einer CD gebrannt bzw. auf einem USB-Stick als Postsendung oder als hochgeladene Datei auf einem entsprechenden Formular ihrer Website. Wo die Einsendung des ausgedruckten Manuskripts verlangt wird, gelten die folgenden Regeln.
- Sofern der Verlag nichts anderes wünscht, reichen wir es normseitengeschrieben als Loseblattsammlung in einem Eckspanner ein.
- Die erste Seite ist ein Deckblatt, auf dem wir den Titel und unsere Kontaktdaten vermerken (Anschrift, Telefon, eventuell Handynummer, E-Mail; pro Angabe eine Zeile). Unter den Titel schreiben wir noch das Genre und die Anschlagzahl des Werkes. Dieses Deckblatt hat auch die nicht ausgedruckte Textdatei.
- Auf der folgenden Seite, der Seite 1 des Manuskripts, beginnen wir mit dem Text (oder der Kapitelnummer/Kapitelüberschrift), ohne in der ersten Zeile noch einmal den Titel zu wiederholen. Der steht in kleinerer Schrift (8 – 10 Punkte klein) in der Kopf- oder Fußzeile. (Dass das Deckblatt nicht schon als Seite 1 zählt, stellen wir im Menü „Seitenzahl einfügen“ in den dortigen Optionen bzw. „Format“ ein. Dort lassen wir a) das Feld „Seitenzahl auf der ersten Seite“ frei und geben b) an: „Beginnen mit Seitenzahl 0“. Dann zählt das Programm das Deckblatt als „Seite 0“, aber die Seitenzahl erscheint nicht darauf.)
- Wir schreiben immer auf weißen DIN A4 Bögen (kein Recyclingpapier oder farbige Blätter!), die nur einseitig bedruckt sind.
- Und selbstverständlich hat keine einzige Seite ein Eselsohr oder gar einen Kaffee-, Schokoladen- oder sonstigen Fleck!
- Ebenso selbstverständlich reichen wir jedem Verlag einen eigenen Manuskriptausdruck ein, keinen „benutzten“, der schon in einem anderen Verlag begutachtet wurde. Verlegende/Lektorierende sind sehr erfahrene Leute, die auf den ersten Blick erkennen, ob ein Manuskript „jungfräulich“ ist oder ob jemand es vor ihnen schon einmal durchgesehen hat. Wenn wir Pech haben, hat jemand Randnotizen hinterlassen, die eben das allen weiteren Lesenden verraten. Und ein Manuskript, das bereits von einem/mehreren anderen Verlag/en abgelehnt wurde, wird von vorn herein besonders skeptisch begutachtet, sofern es überhaupt noch begutachtet wird.
I. Das Verlagsanschreiben
Bevor wir einen Verlag anschreiben, müssen wir recherchieren, ob er überhaupt Bücher des betreffenden Genres verlegt, zu dem unser Romanmanuskript gehört. Wenn wir einen Kriminalroman an einen Verlag schicken, der ausschließlich Kinderbücher veröffentlicht, bekommen wir es natürlich ungelesen zurück. Das sollte selbstverständlich sein, ist es aber leider nicht, denn viele Neulinge schicken ihr Manuskript nach dem Gießkannenprinzip an jeden Verlag und scheren sich nicht darum, ob der dessen Genre überhaupt produziert.
Deshalb sollten wir vor dem Einsenden unbedingt die Website des Verlages genau studieren (besonders der Teil „Für Autorinnen/Autoren“ oder „Manuskripteinreichung“), um uns zu vergewissern, ob man tatsächlich noch Manuskripte von (im Verlag) unbekannten Schreibenden annimmt und wie die gewünschten Formalitäten aussehen. Heißt es dort ausdrücklich: „Der Verlag nimmt zurzeit keine neuen Manuskripte an“, so ist das eine eindeutige Aussage, die wir beherzigen sollten. Einem solchen Verlag trotzdem ein Manuskript einzureichen, ist nicht nur sinnlos, weil es umgehend zurückgeschickt oder sogar ungelesen weggeworfen/gelöscht wird, es ist auch respektlos gegenüber dem Verlag. Verlage setzen solche Hinweise nur auf die Website, wenn sie so ausgelastet sind, dass sie keine Kapazität mehr frei haben, sondern einen riesigen „BuM“ = „Berg ungelesener Manuskripte“, den sie erst abarbeiten müssen, bevor sie sich um neu eingereichte Werke kümmern können. Mit einer ausdrücklich ungebetenen Einsendung – auch wenn sie nur per E-Mail geschieht – verursachen wir den Leuten zusätzliche und unnötige Arbeit. Es gibt allein in Deutschland inzwischen ca. 4000 seriöse Verlage, bei denen wir uns bewerben können.
Es kann auch von Vorteil sein, im Verlag anzurufen und das Manuskript anzubieten. In dem Fall können wir uns bereits im Anschreiben auf dieses Telefonat beziehen und heben dadurch das Manuskript aus dem riesigen Heer der „unverlangten Einsendungen“ heraus. Jedoch sind inzwischen viele Verlage genervt von solchen Anrufen, weil gefühlt alle Erstbewerbenden das Prädikat „unverlangt eingesandt“ auf diese Weise abstreifen wollen. Ob die Person, die wir ans Telefon bekommen, aufgeschlossen oder abweisend auf unseren Anruf reagiert, kann man leider nie im Voraus sagen.
Im Fall eines Telefonkontakts sollte man unbedingt auf folgende Dinge achten. Man muss darauf vorbereitet sein, dass der Verlagsmensch uns auffordert, den Inhalt des Romans kurz zu schildern. „Kurz“ bedeutet, dass wir den Inhalt in maximal drei oder vier Sätzen zusammenfassen und diese so spannend sein müssen, dass sie das Interesse der betreffenden Person wecken und sie mehr erfahren will. Ein paar zugkräftige Schlagworte/-sätze im Telegrammstil tun es als Einleitung auch.
Entwerfen wir einen spannenden Pitch, lernen wir ihn auswendig und präsentieren ihn im Telefonat mit dem Verlag mit Begeisterung und Leidenschaft. Als Zusatz- oder Eingangsinformation geben wir noch das Thema des Romans an. Zum Beispiel „eiskalte Rache bis zur Selbstzerstörung“ oder „zwei völlig gegensätzliche Charaktere finden eine ungewöhnliche Methode, um eine funktionierende Beziehung zu ermöglichen“.
Hat man im Verlag angebissen und fordert uns auf, „das Manuskript“ oder „die üblichen Unterlagen“ einzuschicken, verfassen wir als Nächstes das Anschreiben an den Verlag. Dieses Anschreiben sollten wir unbedingt nach den Vorschriften für die Gestaltung eines Geschäftsbriefes (DIN 5008) schreiben, denn nichts anderes ist ein Verlagsanschreiben, mit dem wir potenziellen Geschäftspartnerinnen/-partnern (dem Verlag) ein Produkt (den Roman, die Story) zum Kauf (Veröffentlichung) anbieten.
Das bedeutet: Wir schreiben den gesamten Brief linksbündig, nicht im Blocksatz. Das gilt auch für die Betreffzeile. Vor allem schreiben wir auf weißem Papier (niemals farbigem oder recyceltem) und fehlerfrei! Letzteres gilt ganz besonders für den Namen der Kontaktperson. Außerdem sollte das Anschreiben nicht länger als höchstens eine Seite sein. Hier können und dürfen wir aber von der Normseite abweichen, denn die Seitenränder, die unser PC automatisch gibt, sobald wir im Textverarbeitungsprogramm eine neue Datei öffnen (2,5 cm an beiden Seiten und oben, unten 2 cm), ist ebenso wie einfacher Abstand zwischen den Zeilen bereits die Formatierung für einen normalen Brief. Zu beachten ist, dass wir im Geschäftsbrief im Gegensatz zum Manuskript immer eine Leerzeile zwischenschalten, wenn wir einen neuen Absatz beginnen. Selbstverständlich ist auch das Anschreiben nur einseitig bedruckt, falls es mehr als eine Seite umfassen sollte (was man aber vermeiden sollten, denn einen langen Brieftext liest man nicht unbedingt zu Ende, wenn schon in der Betreffzeile steht, dass es sich um eine Manuskripteinreichung handelt).
Idealerweise haben wir ein eigenes Briefpapier mit einem ansprechenden, geschäftsmäßig gestalteten Briefkopf. „Geschäftsmäßig“ heißt: keine verschnörkelte Schrift und erst recht keine Grafiken (es sei denn, man ist Grafikerin/Grafiker von Beruf). Ohne persönliches Briefpapier schreiben wir unseren Namen, Adresse, Telefon- und E-Mail-Verbindung sowie die Homepage-Adresse in die ersten sechs Zeilen des neuen Blattes. E-Mail- und Homepage-Adresse können wir zu zweit in jeweils eine Zeile schreiben. Danach folgen vier Leerzeilen und in der fünften Zeile die Anschrift des Verlages.
Das früher übliche „An die Firma“, in unserem Fall „An den Verlag“ oder nur „An (den)“ wird schon lange weggelassen. Das Kürzel „z. H.“ für „zu Händen“ oder die englische Variante „c/o“ für „care of“ ist ebenfalls längst abgeschafft. Man schreibt unter den Namen des Verlages nur „Herrn/Frau N.N.“ (Vorname ausschreiben; wenn nicht bekannt, durch einen Anruf beim Verlag klären) sowie die Abteilung (zum Beispiel „Lektorat Fantasy“). Das Datum setzen wir rechtsbündig ans Ende der Zeile = ganz „rechts außen“, in der der Ortsname des Verlages steht oder ans Ende der Zeile mit dem Verlagsnamen.
In der fünften und eventuell sechsten Zeile unter dem Ortsnamen des Verlages schreiben wir in Fettdruck den Betreff. Das Wort „Betreff:“ oder „Betrifft:“ ist auch längst überholt. Wir schreiben nur (in zwei Zeilen):
Manuskriptangebot Kriminalroman „…“ (Titel)
Unser Gespräch vom … (Datum)
Letzteres fügen wir natürlich nur hinzu, wenn tatsächlich ein Telefongespräch stattgefunden hat. Danach folgen zwei Leerzeilen, ehe wir mit „Sehr geehrter Herr N.“ oder „Sehr geehrte Frau N.“ fortfahren. „Sehr geehrte Damen und Herren“ zeigt den Lesenden des Briefes, dass wir uns nicht die Mühe gemacht haben herauszufinden, wer der für Manuskripteinreichungen zuständige Mensch im Verlag ist. Das wirkt gleichgültig und unprofessionell.
Hatten wir telefonischen Kontakt und nun den Eindruck, dass „Sehr geehrte/r …“ zu förmlich klingt, schreiben wir „Guten Tag, Herr/Frau N.“ Dahinter setzen wir ein Komma (das frühere Ausrufezeichen ist ebenfalls überholt), schalten eine Leerzeile und beginnen in der folgenden Zeile mit dem Text. Auch wenn eine Leerzeile zwischengeschaltet ist, fängt der Text – sofern wir ihn nicht mit der Anrede „Sie“ oder „Ihr“ oder einem Substantiv beginnen – mit einem kleinen Buchstaben an, denn nach einem Komma (hier das nach der Anrede) schreibt man immer klein weiter (im Gegensatz zum Englischen, das sogar bei Gedichten mit fortlaufendem Text jede neue Zeile mit einem Großbuchstaben beginnt).
Wichtig ist, dass wir bereits mit diesem Anschreiben unsere schriftstellerischen Qualitäten zumindest andeuten, am besten aber belegen. Das heißt, wir sollten unter allen Umständen auf die üblichen Floskeln (und das damit verbundene schlechte „Bürodeutsch“) herkömmlicher Geschäftsbriefe verzichten.
„Bezugnehmend auf unser Telefonat vom …“ oder ähnliche Formulierungen disqualifizieren uns auf der Stelle! Seien wir also originell, aber keinesfalls flapsig oder anbiedernd. Besonders nach einem vorher erfolgten Telefonat haben wir viele Möglichkeiten auch hier kreativ zu sein. Zum Beispiel:
„Ich bedanke mich (nochmals) herzlich für unser nettes Gespräch am vergangenen Dienstag und auch für Ihre Bereitschaft, mein Manuskript zu prüfen. Wie gewünscht übersende ich Ihnen Exposé und Textprobe meines Krimimanuskripts ‚Am Montag schlich der Tod ums Haus’“. Diese Information ist wichtig, damit man sich besser an uns und das telefonisch angekündigte Werk erinnert. In dem Fall brauchen wir nichts weiter zu schreiben, als (nach einer Leerzeile) „Ich erwarte gespannt Ihre Einschätzung“ oder: „Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung“. Alles andere (die Motive für die Wahl des Verlages, etwas über unsere Person, das Besondere an unserem Text usw.) haben wir idealerweise schon während des Telefonats erwähnt und schreiben es nur noch einmal in der Kurzvita (über unsere Person) beziehungsweise ins Exposé.
Haben wir nicht mit dem Verlag telefoniert und bewerben uns initiativ, gehen wir nach der Anrede zum nächsten Punkt über: Wir schreiben eine kurze (!) Begründung, warum wir ausgerechnet diesem Verlag das Manuskript anbieten. Alternativ können wir eine „Überschrift“ wie für das Exposé als Einstiegssatz in den Raum werfen: „7 Leichen, 2 unerbittliche Gegner, 1 perfider Plan …“ – Wenn das für Sie interessant klingt, lesen Sie bitte weiter.“ Denn Lektorierende widmen einem Projekt nur wenige Minuten, oft sogar nur Sekunden, um zu entscheiden, ob sie es intensiver prüfen oder sofort ablehnen. Und nein, diese Zeitangabe ist keine Übertreibung, sondern Verlagsalltag.
Auf die Frage nach der Begründung für unsere Verlagswahl sollten wir in jedem Fall auch vorbereitet sein, wenn wir telefonischen Erstkontakt herstellen. Denn wenn wir, nach den Gründen gefragt, warum wir diesen und (noch) keinen anderen Verlag kontaktieren, nur hilflos herumdrucksen, haben wir schlechte Karten. Noch schlimmer ist es, wenn wir zugeben: „Ich arbeite alle einschlägigen Verlage der Reihe nach ab.“ Selbst wenn das die Wahrheit sein sollte (was es wahrscheinlich ist und Verlage sowieso davon ausgehenden, dass Autorinnen/Autoren das tun), geben wir das auf gar keinen Fall zu! Das ist schlechter Stil und unprofessionell.
Die beste Begründung für die Verlagswahl lautet sinngemäß: „Nach intensiven Recherchen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass mein Projekt am besten in das Programm Ihres Verlages passen würde (weil Sie bereits vergleichbare Werke veröffentlicht haben).“ (Fürs Gespräch sollten wir mindestens drei Titel aus dem Verlag nennen können und deren Inhaltsangaben gelesen haben.) Und wenn wir dann noch hinzufügen: „Zudem genießt Ihr Verlag einen guten Ruf, weshalb Sie meine erste Wahl sind“, haben wir einen zusätzlichen Pluspunkt. Letzteres behaupten wir aber nur, wenn es sich tatsächlich um einen renommierten (großen) Verlag handelt oder wir uns zum Beispiel mit Autorinnen/Autoren in Verbindung gesetzt haben, die in dem Verlag veröffentlicht haben (Kontakt über deren Websites). In diesem Fall können wir sogar schreiben, dass Autorin N.N. uns „ihren“ Verlag empfohlen hat. Das ist eine gängige Praxis, die viele Neulinge vor ihrer Erstveröffentlichung nutzen.
Unmittelbar nach dem Grund für unsere Wahl dieses Verlages schreiben wir: „Aus diesem Grund (diesen Gründen) habe ich mich entschlossen, Ihnen mein Krimimanuskripts ‚Am Montag schlich der Tod ums Haus’ zur Veröffentlichung anzubieten.“
Selbst wenn wir das Manuskript noch einem Dutzend anderer Verlage gleichzeitig angeboten haben, sollten wir jedem von ihnen das Gefühl geben, dass er „jetzt“ der Einzige wäre, an den wir uns wenden. Das ist eine Frage der Höflichkeit.
Wie das Anschreiben weitergeht:
- Man geht kurz (in nicht mehr als zwei bis drei Sätzen) auf den Inhalt des Werkes ein, was dessen „Sonderstatus“ gegenüber anderen Romanen mit einem ähnlichen Thema betrifft, oder schreibt, dass diese Information im Exposé zu finden ist. Auf keinen Fall loben wir das Manuskript über den „grünen Klee“. Anpreisungen wie „Hier kommt ein Roman, der Sie umhauen wird!“, „Sie halten den künftigen Megabestseller in den Händen!“ oder „Dies ist das Manuskript, auf das Sie gewartet haben!“ (alles reale Beispiele!), garantiert dem Manuskript unter Umständen umgehend und ungelesen die Absage. Erfahrene Schreibende können ihr Werk nicht nur einigermaßen einschätzen, sondern wissen auch, dass eine gehörige Portion Glück dazu gehört (und Öffentlichkeitsarbeit seitens des Verlages), um ein Buch zu einem Bestseller zu machen. Darüber hinaus hat eine angemessene Bescheidenheit noch niemandem geschadet.
- Kurze (!) Angaben zu unserer Person hinsichtlich unserer Schreibqualifikation. Bei einer sogenannten Initiativeinsendung (wenn wir vorher nicht den Verlag kontaktiert haben und das Manuskript somit zu den „unverlangten Einsendungen“ gehört) stellen wir diese Information gleich an den Anfang nach dem „Guten Tag, Frau/Herr N.“ und schreiben etwa: „Ich bin seit … (Anzahl) Jahren Kriminalschriftstellerin und blicke auf eine Reihe von Veröffentlichungen zurück, wie Sie meiner Publikationsliste entnehmen können.“ Oder: „Ich schreibe seit … Jahren Kurzgeschichten und blicke auf eine Reihe von Veröffentlichungen zurück, wie Sie meiner Publikationsliste entnehmen können.“ Das signalisiert den Leuten im Verlag, dass wir Erfahrung besitzen, was unsere Chancen beträchtlich erhöht.
- Ist dies der erster Versuch, dann wenden wir uns besser nicht gleich oder zumindest nicht ausschließlich an die großen Publikumsverlage mit den bekannten Namen, sondern wählen einen kleinen Verlag, der auch Neulingen eine Chance gibt. Viele der großen Verlage sind so gut mit der Produktion der Bücher bereits namhafter Schreibender ausgelastet, dass sie Neulingen nur dann eine Chance geben, wenn ihr Manuskript tatsächlich überdurchschnittlich gut ist. Obwohl wir alle vom ersten Versuch an genau davon träumen, ist das bei Neulingen jedoch äußerst selten der Fall. Aber nur nicht entmutigen lassen! Auch die heute berühmten Bestsellerschreibenden haben alle klein angefangen. Darüber hinaus gibt es unzählige Schriftstellende, die bereits in ihrer Jugend mit dem Schreiben begonnen haben, aber erst im „fortgeschrittenen“ Alter ihre erste professionelle Veröffentlichung erreichten. (Ich gehöre dazu.)
- Der Hinweis darauf, dass wir bereit sind, Änderungen nach den Wünschen des Verlages an unserem Werk vorzunehmen, sollte nicht fehlen: „Wünschen Sie Änderungen des Inhalts, so bin ich gern bereit, die betreffenden Passagen nach Ihren Vorgaben umzuschreiben.“ Das signalisiert, dass man mit uns voraussichtlich gut zusammenarbeiten kann. Autorinnen/Autoren, die halsstarrig auf ihrer Vorlage bestehen (das gilt besonders für den Titel), geraten schnell als „schwierig“ in Verruf. Falls das Werk nicht gerade bestsellerverdächtig ist, wird man es unter Umständen allein aus diesem Grund letztendlich ablehnen. Außerdem spricht es sich in der Branche mit Windeseile herum, wer „schwierig“ ist, sodass wir dann auch bei anderen renommierten Verlagen kaum eine Chance bekommen werden, bis Jahre später Gras über die Sache gewachsen ist.
- Zum Schluss bedanken wir für die Aufmerksamkeit und im Fall eines vorab erfolgten telefonischen Kontaktes für das Interesse, das man unserem Werk entgegenbringt. Danach beenden wir den Brief idealerweise nicht mit dem üblichen „Mit freundlichen Grüßen“, sondern formulieren origineller: „Ich verabschiede mich mit den besten Grüßen aus … (hier nennen wir unsere Heimatstadt) und erwarte gespannt Ihre Antwort.“ Oder etwas ähnlich Nettes. Es folgt die Unterschrift.
- Etwa vier bis fünf Zeilen unter dem Gruß oder der Unterschriftswiederholung listen wir auf, was wir dem Brief alles beifügen. Sollte unter der Unterschrift kein Platz mehr für die Anlagenliste bleiben, setzen wir das Wort „Anlagen“ mit einem Tab-Stop rechts in dieselbe Zeile wie das Äquivalent zu „Mit freundlichen Grüßen“ oder eine Zeile darunter und listen die Anlagen auf der rechten Seite in den Zeilen neben der Unterschrift auf.
- Diese Anlagen sind:
Exposé „…“ (Titel des Manuskripts; optional)
Textprobe, X Seiten
Kurzvita (= Lebenslauf)
Bibliografie (= Publikationsliste)
Auf keinen Fall dürfen wir eine dieser Beilagen vergessen! (Das Wort „Anlagen“ wird fett formatiert oder unterstrichen; fett ist das heute Gebräuchlichere.) Die „Kurzvita“ ist der in der 3. Person Singular („er“/„sie“) geschriebene Werdegang als Autorin/Autor. Diese Kurzvita (nicht länger als durchschnittlich zwölf Zeilen einer Normseite, lieber so kurz wie möglich) wird, wenn der Roman gedruckt wird, als „Autorenporträt“ oder „Über die Autorin/den Autor“ als letzte Seite des Buches beigefügt oder auf der vierten Seite vor dem Impressum gedruckt. Die „Bibliografie“ oder „Publikationsliste“ ist eine Liste unserer bisherigen Veröffentlichungen, in der wir detailliert Titel, ISBN, Verlag und Erscheinungsjahr nennen.
WICHTIG:
Wir senden niemals das gesamte Manuskript ein (außer bei Kurzgeschichten), sondern nur die ersten zwanzig, höchstens dreißig Normseiten – und zwar wirklich die ersten Seiten, also den Beginn des Romans! Es sei denn, der Verlag verlangt etwas anderes. Wenn die ersten Seiten den Verlag nicht überzeugen, tut es der Rest des Manuskripts auch nicht. (Deshalb ist ein guter und vor allem auch gut formulierter Anfang so ungemein wichtig.) Das vollständige Manuskript senden wir erst, wenn der Verlag es ausdrücklich anfordert.
Zum Schluss packen wir alles in einen ausreichend großen Briefumschlag (eventuell Polsterumschlag) oder Briefkarton, lassen ihn bei der Post auswiegen und vor allem ausreichend frankieren. Danach wappnen wir uns mit Geduld. In den meisten Fällen werden wir ungefähr sechs Wochen bis drei Monate auf eine Antwort warten müssen, manchmal (erheblich) länger. Während der Wartezeit sollte man darauf verzichten, den Verlag mit Rückfragen zu nerven. Alle Lektorierenden bekommen, je nach Größe des Verlages, pro Monat (!) zwischen 100 und 200 größtenteils unverlangt eingesandte Manuskripte zur Prüfung auf den Tisch. Da ein gewöhnlicher Arbeitstag aber nur acht Stunden hat (obwohl die meisten Lektorierenden sich die Arbeit zusätzlich noch mit nach Hause nehmen), kann man sich denken, wie lange es dauert, bis unser Manuskript an der Reihe ist. Und Lektorierende haben nicht nur neue Manuskriptangebote zu prüfen, sondern müssen sich in erster Linie um die Texte kümmern, die der Verlag zur Veröffentlichung eingekauft hat.
Es ist allerdings nicht verkehrt, wenn wir nach drei bis vier Monaten freundlich nachfragen, ob man schon Gelegenheit hatte, sich das Manuskript anzusehen (es sei denn, auf der Verlagswebsite steht ausdrücklich: „Wir bitten von Nachfragen abzusehen!“ Oder: „Erhalten Sie keine Rückmeldung innerhalb von X Wochen/Monaten, betrachten Sie das als Absage.“). Gerade bei großen Verlagen passiert es manchmal, dass eine Sendung aus verschiedenen Gründen in Vergessenheit gerät, in der falschen Abteilung landete oder schlichtweg verlegt wurde. Auch Verlegende und ihre Angestellten sind nur Menschen. Grundsätzlich sollten wir jedoch ein Mindestmaß an Geduld aufbringen und die Wartezeit nutzen, um an einem neuen Projekt zu arbeiten und die „Schreibmuskeln“ zu stählen.
J. Das E-Mail-Anschreiben
Was für das Anschreiben per Brief gilt, befolgen wir natürlich auch, wenn der Verlag eine Einsendung per E-Mail oder über das Kontaktformular auf der Website wünscht. Der einzige Unterschied ist, dass wir das Ganze nicht per Papierpost schicken und alle „Anhänge“ als Dateien der Mail beifügen. (ACHTUNG: Manche Verlage verlangen heutzutage alle Anhänge in nur einer einzigen Datei.) Trotzdem ist unser Manuskript als Normseite formatiert, und die Mail enthält alle weiteren Anlagen, als würden wir sie per Briefpost schicken.
Auch der Wortlaut des E-Mail-Anschreibens unterscheidet sich in nichts von der ausgedruckten Papierform. Wir beginnen höflich mit Gruß und persönlicher Anrede, verzichten auf jedwede „Emojis“ und unterschreiben AUF KEINEN FALL mit „MfG“ anstelle von „Mit freundlichen Grüßen“ oder einem Äquivalent. Das gilt als unhöflich und ist ein Zeichen mangelnden Respekts gegenüber dem angeschriebenen Menschen.
Schreibende, die durch solche und andere Abkürzungen demonstrieren, dass sie sich für Verlegende/Lektorierende, von denen sie hoffen, dass sie ihr Werk verlegen, nicht einmal die paar Sekunden Zeit nehmen, die es erfordert, eine Grußformel auszuschreiben, geraten nicht nur schnell in den (berechtigten) Verdacht, unhöflich zu sein. Sie laufen auch Gefahr, dass ein so salopp angeschriebener Verlag aufgrund dieser mangelnden Höflichkeit rückschließt, dass man auch beim Manuskript und einer später notwendigen Überarbeitung dieselbe Nachlässigkeit walten lässt und könnte deshalb von einer Veröffentlichung Abstand nehmen.
Kein Verlag hat auf gerade unser Werk gewartet, wenn wir noch Neulinge sind. Und auch als Bestsellerautorin/-autor steht einem ein gewisses Grundmaß an Höflichkeit immer gut zu Gesicht. Wenn wir später eine gute Beziehung zu „unseren“ Verlegenden/Lektorierenden aufgebaut haben, uns vielleicht sogar mit ihnen duzen, dürfen wir gerne „Liebe Grüße“ schreiben und die auch mal mit „LG“ abkürzen, wenn wir in Eile sind. Am Anfang sollten wir uns aber strikt an die Regeln halten.
VIEL ERFOLG!
Ihre/Eure Mara Laue
Mein Abschluss-Statement, das ich zum Lesen sehr empfehle: Von der Kunst des Prosaschreibens – nach dem ENDE geht es erst los!
Die Redaktion dankt der Autorin Mara Laue für diesen tollen und sehr hilfreichen Online-Ratgeber über das Schreiben. Wir werden ihn deutlich sichtbar und leicht auffindbar auf unserem Blog positionieren und das Ereignis, wenn das geschafft ist, mit Social-Media-Ankündigungen feiern.
Als nächstes folgt das Abschluss-Statement von Mara Laue, dem wir breiten Raum einräumen. Den hat sie sich, wie wir meinen, auch verdient. Natürlich werden wir sie nicht ohne ein Interview, ein aktuelles persönliches Profil und den Nachweis ihrer Werke ‚entlassen‘. Schließlich sind wir sehr dankbar, dass wir sie bei uns haben durften.
Danke, Mara!!!
Ihre/Eure Redaktion