Von Angst und Hoffnung

Von Angst und Hoffnung

von Linda Be

Leichtsinn und Hochmut
Sind meine ständigen Begleiter
Gutes tu ich selten
Da ich trotz der ganzen Leere
Nur ziemlich wenig Zeit hab
Selten Gutes für andere
Und noch seltener für mich

Auch wenn alles dafür steht
Dass Bett zu verlassen
– Mir stehen alle Türen offen –
Doch ich wills nicht … raffen?

Ich bin stark und Selbstbewusst
Genug um zu wissen
! Ich kann alles schaffen !
Alles was ich wirklich will

Aber was will ich denn überhaupt?
Natürlich habe ich Ziele, in gewisser Weise zumindest, es ist kompliziert.
Eigentlich habe ich mir vorgenommen, das hier besonders künstlerisch und hochgestochen wirken zu lassen, aber das funktioniert nicht so wirklich. Nicht, wenn ich ehrlich sein soll. Und darum geht es hier doch, oder nicht?
Also die Wahrheit ist, ich habe Angst. Das ist normal, sollte man meinen, jeder hat Angst. Aber ich habe jetzt echt so richtig Angst, so eine Mein-Leben-hat-keinen-Sinn-mehr!-mäßige Angst.
Ich bin selbstbewusst, ja. Und ich habe eine große Klappe, manchmal größer, als mir lieb ist. Die meiste Zeit über wirke ich so. als wäre ich mit mir selbst total im Einklang, als hätte ich für jedes meiner Probleme eine passende Lösung parat. Ich wirke taff und stark, und, ja, das bin ich auch. Aber ich habe auch sehr viel Zweifel. Ich zweifle an einer Menge Dinge, doch von all meinen Zweifeln ist nichts so frustrierend wie die Tatsache, dass ich immer noch viel zu wenig an mich selber glaube.
Ich kann gut Gedichte schreiben, ich kann schöne Fotos machen und gut schauspielern.

Ich habe keine Angst davor, nicht gut zu sein.
ch habe Angst, nicht gut genug zu sein.
Ich habe Angst, dass ich nicht ausreiche, dass das, was ich kann, aber viel mehr das, was ich bin, nicht ausreichen wird.
Ich habe Angst davor, dass ich nur halbe Sachen machen kann und dementsprechend nicht die Kraft oder den Mut aufbringen kann, das Leben zu leben, das ich mir wünsche, was wäre wenn ich nicht den Mumm hätte, von hier fortzugehen, wenn ich es nicht wagen könnte, nicht fähig wäre aufs Ganze zu gehen und mein Abenteuer zu leben.
Ich habe Angst, meine Freunde und meine Familie, die ich über alles liebe, zu verlieren.
Aber am meisten Angst habe ich, davor mich selbst zu verlieren.
Ich mag mich nämlich, so wie ich bin. Und ich will nicht zu einem Menschen werden, den ich nicht mehr leiden kann, weil mein Leben in eine Richtung verläuft, in die es niemals hätte laufen sollen. Mein Leben soll nicht gerade laufen, das wollte ich nie, es soll schief laufen – und am liebsten kreuz und quer mit Loopings über den Wolken.
Ich habe so große Angst, hier nicht weg zu kommen.

Auch wenn ich es hier gar nicht so furchtbar finde, ertragen kann ich es nur, da ich weiß, dass ich hier nicht bleiben muss. An diesem Ort, wo das Leben so traurig schmeckt. Hinter jeder dieser Stahlbetonfassaden wird ein kaputter Traum versteckt. Das darf mir nicht passieren
Wenn ich mit vierzig ins Krankenhaus muss, dann will ich nicht auf die nächtlichen Lichter der gleichen Stadt, die aus der Ferne immer noch um Einiges schöner aussehen wird, als sie es in Wirklichkeit ist, hinunterschauen wie damals, als ich sechs war und meine Mandeln heraus bekommen habe

Ich will das nicht.

Ich will nicht eines Tages aufwachen, mit meinem Mann neben mir im Bett, meinen Kindern im Zimmer nebenan und meinem Job der jeden Tag, ausgenommen sind Tage, die mit S beginnen, um acht Uhr auf mich wartet. Oder der Haushalt, der fast so laut nach Ordnung und Sauberkeit schreit, wie meine Einjährige, wenn sie Hunger hat.
Ich will nicht irgendwann merken, dass ich mein Leben vercheckt habe – und alle meine Träume in den Dreck geworfen.

Denn ich Träumer träume von der Welt. Von allem, was mich hoffentlich erwarten wird.
Ich träume von Wolken die nach Freiheit schmecken, auf den höchsten Bergen in den entlegensten Ecken. Ich träume von Wiesen, die so groß und so grasig grün sind, dass man sich auf ihnen selbst verlieren könnte, aber das tut man nicht, alles, was man tut ist, sich selbst zu finden, während jede Angst und aller Zweifel an sich selbst verschwinden. Ich träume von Stränden so weiß wie die Flügel der Engel und Stränden so schwarz wie Seele des Teufels, mit dem Meer, dem das alles egal ist, Hauptsache, die buntesten Fische der Welt können in ihm zuhause sein. Ich träume von Bäumen so riesig und alt, von Gletschern so eisig so tief und so kalt, ich träume von Hütten mitten im Wald. Von Tieren so selten, so scheu und so schön, die hat kein Mensch vor mir so jemals gesehen. Ich träume vom Dschungel und den Menschen, die dort noch leben, ich träume von Lebendigkeit, von Idylle, von Steppen und Städten, die mir den Atem rauben und einen Grund zum Atmen geben.
Davon träume ich.
Und von Menschen die mit Tieren in Frieden leben, andere Kulturen haben, anders denken, anders fühlen, anders handeln. Ich träume von Barmherzigkeit und von Orten, die so sind, wie die Welt eigentlich sein sollte:  friedlich. Ich will lernen, die Welt mit anderen Augen zu sehen, Verständnis zu entwickeln für Tier und Natur. Ich möchte im Einklang mit mir selbst und mit ihr sein. Möchte von Menschen lernen, die ohne unser dreckiges Geld viel reicher sind als wir. Und die ohne unser berechnendes Wissen viel weiser sind als wir.

Es passiert so viel auf der Erde, auf der ich mich jeden Tag bewege und selber doch nur stillstehe. Auf der Erde, die sich selbst so schnell bewegt, ohne dass mein Wind sich dreht. Es gibt so viele Probleme, in dem Haus in dem ich lebe, hier passieren so viel Fehler, hier auf dieser Welt. Doch ich habe Hoffnung, und das ist alles was zählt.
Viele mögen in diesem Leben glücklich sein, doch egal, wie lange ich die Luft anhalte, – ich passe hier einfach nicht rein. Die Zukunft hält mich am Leben.
Doch was passiert, wenn ich die Menschen, die Orte, das Glück, das ich suche, niemals finden werde – mich niemals finden werde. Ich weiß ja nicht einmal, wo ich suchen soll. Fest steht, mein Glück muss in mir selber wachsen, und die Welt ist so verdammt groß, ich muss mich auf die Suche machen, nach Orten, an denen ich mein Glück genießen kann. Alles, was ich bis jetzt weiß, ist, dass das Wasser aus der Talsperre keine besondere Wirkung zeigt und mein Glück langsam aber stetig dabei ist, in mir zu vertrocknen.

Ich habe Hoffnung, ich habe Zuversicht, Freude, Erwartung, Spannung, Angst. Ich habe Angst vor der Reise ins Unbekannte, vor den Gefahren, davor, mich nicht zu finden, viel mehr als davor mich zu verlieren. Aber vor nichts mehr, als dass es immer das Wasser der Talsperre bleiben wird.

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